Ihr Lieben!

Wie versprochen: Hier der neue Newsletter 2.1.; zweiter Lockdown, erster Brief.

Über das ganze „Hin und Her“, ob nun Reitunterricht erlaubt ist oder nicht, habe ich euch ja alle per  Whatsapp informiert. Und da Corona uns mittlerweile alle total nervt, wird der Rest des Briefes coronafreie Zone.

Ihr habt sie vielleicht alle schon bei Facebook, in meinem Status oder sogar live gesehen: Unsere Sprotte. Sprotte ist unser neuer Hund. Sie ist eine Pudelmixdame und mittlerweile 23 Wochen jung. Und ich kann euch eins sagen: Sie ist ein absolutes Powerpaket und hat Energie für drei. Doch jetzt von Anfang an:

Unseren Charly haben wir in sehr gute Hände vermittelt. Er lebt jetzt bei einem älteren Hundetrainer in Süddeutschland, zusammen mit einer ebenfalls etwas älteren Golden Retrieverdame. Diese „Dame“ liebt Charly und Charly liebt die Goldiedame. Das ist ja bei Charly nicht selbstverständlich. Charly mag alle Menschen. Aber bei fremden Hunden, da kann er schon mal ausrasten. Fremde Hunde möchte Charly am liebsten erst einmal tackern und piercen. Deshalb konnten wir ihn auch nie mit den Ponys zusammen in den Wald nehmen. Bei Fremdhundebegegnungen muss man Charly schon 100% Aufmerksamkeit schenken, damit es nicht zu einer Beißerei kommt. Und 100% Aufmerksamkeit geht nicht, wenn man noch ein Pony dabei hat. Deshalb ist Charly bei uns zu kurz gekommen. In seinem neuen Zuhause bekommt er jetzt endlich die Liebe und Aufmerksamkeit, die er verdient. Für uns war es eine Entscheidung aus Liebe, ihn in ein neues Zuhause zu vermitteln.

Aber ich wollte gerne wieder einen etwas größeren Hund. Da wir mit Pudeln gute Erfahrungen gemacht haben – einige erinnern sich vielleicht noch an unsere Krümel und an Ilka – haben wir uns wieder auf die Suche nach einem Pudel-Mischling gemacht und sind so auf Sprotte gestoßen. Sprottes Mama ist ein Königspudel und ihr Papa ist eine Mischung aus Pudel und Hütehund.

Sprotte ist noch jung und muss deshalb noch viel lernen. Wäre Sprotte ein Mensch, dann wäre sie jetzt in der Grundschule. Hunde wissen nicht, dass man Menschen nicht anspringen darf. Für Hunde ist es ganz normal zu springen. Sie zeigen so ihre Freude. Das ist ihre Art der Begrüßung. Und dazu lecken sie einen noch schnell mit der Zunge ab und nehmen unsere Hand zwischen die Zähne. Damit wollen sie uns nicht beißen, uns wehtun oder uns ärgern. So sagen sich Hunde einfach „Guten Tag! Hast du Lust zu spielen?“. Und Sprotte spielt für ihr Leben gern. Jetzt muss sie aber lernen, dass man Menschen nicht durch Anspringen und Anknabbern zum Spielen auffordert, sondern, dass sie sich erst geduldig hinsetzen muss. Das fällt ihr ganz schön schwer. Vielleicht ist es so ähnlich wie wenn ihr Weihnachten auf die Bescherung wartet. Dann quengelt ihr auch und fragt 1000-Mal „Wann ist es soweit?“. In solchen Situationen fällt es euch auch schwer, euch einfach hinzusetzen und geduldig zu warten.  

Sprotte muss noch eine Menge lernen: Wie gesagt, sie muss lernen, wie Menschen begrüßt werden möchten, sie muss „Tischmanieren“ lernen, sie muss lernen, nicht an der Leinen zu ziehen und dass nicht alles im Haus ihr Spielzeug ist, das sie annagen darf. Junge Hunde bekommen – genauso wie ihr, wenn ihr etwa 5 Jahre alt seit – neue Zähne. Dann fallen die Milchzähne aus und die bleibenden, größeren Zähne kommen. In dieser Zeit drückt es den Hunden am Zahnfleisch. Das könnt ihr euch bestimmt vorstellen. Dann lieben Hunde es, auf etwas herumzunagen. So ist es bei Sprotte auch. Einen ihrer Milchzähne habe ich heute auf dem Küchenboden gefunden. Nun muss Sprotte lernen, dass sie gerne nagen darf; aber nicht an unserem Tischbein, auch nicht auf unseren Schuhen und auch nicht auf unseren Büchern. Sie darf auf ihrem Kauknochen herumnagen und auf ihrem Spielzeug. Das ist für Sprotte auch nicht so einfach zu lernen. Warum darf sie auf dem Gummiball nagen, nicht aber auf dem Frauchens Schuhen? Die riechen doch so gut. Das kann Sprotte nicht verstehen.  

Für Hunde ist es auch nicht selbstverständlich, an einer Leine zu laufen. Das müssen sie  auch erst lernen. Ist doch klar, dass sie am liebsten so schnell wie möglich zu ihrem Hundefreund rennen möchten. Das ist doch für sie viel spannender als langsam neben ihrem Herrchen oder Frauchen zu gehen.  

Wie lernen Hunde denn so etwas wie neben dem Herrchen oder Frauchen zu laufen, Tischmanieren, nicht springen usw.? Mit Geduld, Konsequenz und Freude.  

So, wie ihr nicht innerhalb einer Woche Lesen und Schreiben lernt, so kann ein Hund auch nicht alles in kurzer Zeit lernen.  

Bei uns Menschen ist es so, dass es bei allen Regeln meistens Ausnahmen gibt. Wenn am nächsten Tag keine Schule ist, dann dürft ihr länger aufbleiben, am Sonntag dürft ihr vielleicht etwas länger Fernsehen und bei Oma gibt es mehr Süßigkeiten. Ihr versteht diese Ausnahmen. Ein Hund kann Ausnahmen nicht verstehen. Manche sagen „Ach, heute darf Sprotte mich anspringen, ich habe ja eine alte Hose an.“ oder „Ach, heute darf Sprotte aufs Sofa springen, denn sie hat soooo süß geguckt.“ Das können Hunde nicht verstehen. Für sie gibt es kein „Jein“, sondern nur „Ja“ oder „Nein“. „Jein“ und „Heute so, morgen so“ verwirrt Hunde. (Pferde übrigens auch und zu viele Ausnahmen verwirren auch uns Menschen). Regeln geben Hunden, Pferden und uns Sicherheit. Deshalb heißt das Zauberwort: Konsequenz. Konsequenz bedeutet: Das, was ich gesagt habe, gilt. Die Regel, Menschen nicht anzuspringen, gilt immer; egal ob die Sonne scheint, Montag oder Dienstag ist, ihr eine neue oder alte Hose tragt oder ob in China ein Sack Reis umfällt. Wenn ich Sprotte sage „Sitz“, dann gilt „Sitz“; dann darf nicht noch 5 Minuten geschnüffelt werden, der andere Hund begrüßt und mit dem Ball gespielt werden. Wenn „Sitz“, dann „Sitz“. Auf die Ausführung eines Kommandos zu bestehen, kann recht mühsam sein. Dann darf ich mich nicht weiterunterhalten, noch schnell ein paar Whatsapp-Nachrichten lesen oder einen Film zu Ende schauen. Dann widme ich 100% Aufmerksamkeit der Sprotte und bestehe auf „Sitz“. Wenn sie sich dann „Sitz“ macht, dann lobe ich sie und versichere ihr, dass sie der weltbeste Hund ist. Und ein Leckerchen darf es auch mal sein.  

Loben ist das Zauberwort der (Hunde-)Erziehung. Manchmal beschleicht einen das Gefühl, manche Hunde (oder auch Kinder) heißen mit Nachnamen „Nein“. „Binchen-Nein, lass das!“ „Rexi-Nein, komm her!“ „Julia, Nein! Nicht im Dreck spielen!“ „Niels, Nein! Nicht hauen!“ Es drängt sich der Eindruck auf, in der Erziehung gehe es um „Nein“, Nein“ „Nein“, um ständige Verbote. Aber mal ehrlich: So macht Lernen doch keinen Spaß! Stellt euch mal vor, eure Erzieherin, Lehrerin oder Eltern würden immer nur meckern. Da hat man doch nach ein paar Minuten schon keinen Bock mehr. Da geht es Tieren nicht anders! Viel mehr Spaß macht es, wenn man für das, was man gut gemacht hat, ein Lob bekommt. Du freust euch auch darüber, wenn deine Eltern dich ganz doll loben, weil du dein Zimmer aufgeräumt hast. Vielleicht bekommst du dafür sogar ein Eis oder etwas anderes Tolles. Oder wenn deine Erzieherin dich lobt, weil du ein besonders schönes Bild gemalt hast. Sie hängt dieses Bild vielleicht sogar auf. Du freust dich auch darüber, wenn deine Lehrerin dich lobt, wenn du es geschafft hast, die ganze Stunde nicht zu stören, auch wenn dir das besonders schwerfällt, weil du immer „Hummeln im Popo“ hast. Und so ist es bei Sprotte auch: Sie freut sich über Lob! Wenn sie es schafft, nicht an der Leine zu ziehen, dann muss ich sie dafür loben, ihr dafür ein Leckerchen geben und ihr sagen, dass sie toll ist. Ich darf nicht denken, dass es selbstverständlich ist, dass sie ohne zu ziehen neben mir hergeht.  

Es ist oft so, dass wir immer nur schauen, wo andere (Tiere und Menschen) Fehler machen. Dann kritisieren und meckern wir munter drauf los. Doch mit unserem Gemeckere erreichen wir meist, dass der Andere keinen Bock mehr hat und genervt ist. Wenn du immer nur hörst, dass deine Kreise nicht rund genug gemalt und deine Buchstaben zu krakelig sind, dann vergeht dir die Lust am Malen und Schreiben. Besser ist es, auf das Positive zu schauen. Auf das Positive zu schauen heißt nicht, dass etwas perfekt sein muss. Deine Kreise sind vielleicht weiterhin etwas eckig und deine Buchstaben etwas krakelig, aber sie sind vielleicht schon ein wenig runder und ein wenig korrekter als gestern. Und über dies „Wenig“ können wir uns freuen. Diese Freude muss man nicht für sich behalten, sondern diese Freude darf gerne mitgeteilt werden. Freude steigert die Motivation. Wenn Sprotte hinter unserem Kater herrennt und erst nach dem dreimal Rufen umdreht, dann kann ich meckern. Aber dann hat Sprotte erst recht keinen Bock mehr, zu mir zu kommen. Ich kann mich aber auch freuen, dass sie überhaupt kommt. Wenn sie dann bei mir etwas Leckeres bekommt, gestreichelt wird und wir zusammen gute Gefühle teilen, dann kommt sie beim nächsten Mal schon nach dem zweitenmal Rufen. Und in ein paar Wochen hoffentlich auch direkt … Und irgendwann rennt sie dem Kater gar nicht mehr nach. (-;

So, und jetzt noch einen letzten Gedanken zum Thema Hundeerziehung. Im Gegensatz zu euch, könnt ihr auf ein Lob (oder auch auf eine Kritik) warten. Wenn ihr also im Kindergarten ein schönes Bild gemalt habt und eure Eltern euch dafür zu Hause loben, dann versteht ihr das. Sprotte versteht das nicht. Wenn sie etwas tut, muss sie innerhalb von 3 Sekunden gelobt oder getadelt werden. Zurück zum Beispiel mit dem Kater: Wenn ich mit Sprotte schimpfen würde, wenn sie nach der Katerjagd zu mir zurück kommt, dann versteht sie: Wenn ich zurückkomme, bekomme ich Schimpfe. Also ist Zurückkommen falsch. Sprotte versteht auch nicht, wenn ich mit ihr schimpfe, weil sie, während ich nicht zu Hause war, die Zeitung zerfetzt hat. Sie versteht den Grund meines Schimpfens nur genau in dem Moment, in dem sie die Zeitung zerfetzt.  

Und noch ein allerletzter Gedanke: Fehlervermeiden ist besser als Fehler machen lassen! Ich lasse zum Beispiel einfach keine Bücher in Sprottes Reichweite herumliegen. Dann kann sie sie nicht zerfetzten, und ich muss mich nicht ärgern und mit ihr meckern. Oder ich gebe Sprotte erst gar nicht das Kommando „Platz“, wenn ich sehe, dass der Boden nass und schlammig ist. Denn Sprotte legt sich verständlicherweise nicht gerne in die Motke. Ich muss ihr (und anderen) das Leben nicht unnötig schwer machen. Klar, Anweisungen müssen sein, aber sie müssen Sinn machen. Ihr möchtet ja auch nicht, dass eure Lehrerin euch Hausaufgaben aufgibt, die keinen Sinn machen und viel zu schwer für euch sind.  

So, jetzt habe ich euch viel von der Erziehungsarbeit mit Sprotte geschrieben. Aber wisst ihr was: Wenn man auf das Positive und die kleinen Fortschritte schaut, dann macht Hundeerziehung auch dem Menschen Spaß. Ich freue mich auf jeden Fall jeden Tag an Sprottes Fortschritten. Auch wenn sie manchmal klein sind und mich Sprottes Energie zur Verzweiflung treibt. Zum Beispiel, wenn ich auf dem Sofa liegen möchte, Sprotte aber lieber spielen will. Aber so ist es: Jedes Lebewesen ist anders. Einer kann gut still sitzen, einer kann schnell rennen, einer kann gut singen, der andere kann gut malen … Niemand kann alles, jeder hat ein ganz spezielles Talent. Auch hier gilt: Nicht darüber meckern, was jemand nicht kann, sondern sich über die Stärken freuen und diese fördern. Sprotte wird mit Sicherheit ein toller Hund für den Hundesport! Sie kann ganz toll springen, und sie kann jetzt schon ganz schnell durch den schwarzen Tunnel auf unserem Reitplatz düsen. Sie kann über Baumstämme balancieren und liebt es zu schwimmen. Und außerdem liebt sie unsere Pferde. Schaut euch mal die Videos an, wie zärtlich sie mit Kasper und Amigo schmust. Kasper ist ihr bester Freund. Die beiden schmusen jedesmal zusammen, wenn ich die Pferdeäpfel einsammele. Noch ist Sprotte zu klein, um mich bei Ausritten zu begleiten. Aber in ein paar Monaten ist sie bestimmt gerne dabei.  

Vorgestern ist leider unsere Sunny gestorben. Sunny war schon sehr, sehr alt. Ich habe Sunny vor Jahren geschenkt bekommen, und ich habe damals gedacht: „Okay, du armes Kaninchen. Du darfst bei uns in Frieden sterben.“ Doch Sunny ist nicht schnell gestorben. Sie hat noch einige glückliche Jahre zusammen mit Cookie gehabt. Damit Cookie alleine nicht traurig sein muss, zieht morgen ein neues Kaninchen bei uns ein. Es heißt Trulla. Ich bin sehr gespannt. Wahrscheinlich werden sich Cookie und Trulla am Anfang nicht sofort vertragen, sondern erst einmal die Rangfolge klären. Das ist bei Kaninchen genauso wie bei Pferden. Ich halte euch auf dem Laufenden und schicke euch auch ein paar Fotos.

Macht es gut! Schaut nicht auf das, was ihr nicht dürft, sondern tut das, was ihr dürft. Schaut nicht auf das Negative, sondern das Positive und dann freut euch darüber. Und sagt anderen Menschen ruhig einmal, dass ihr euch freut. Auch Mamas, Papas, Lehrerinnen, Erzieherinnen, Nachbarn, ja alle Menschen freuen sich über Lob. So wie Sprotte …

Wuff und liebe Grüße: Petra, Sprotte und die anderen Forsthöfler