Newsletter 2.3

Hallo Ihr Lieben!  

Gestern war Nikolaustag. Einige von euch haben bestimmt ihre Stiefel vor die Tür gestellt, und es war am nächsten Morgen auch etwas Schönes darin. Gestern war Sonntag. Und sonntags sind die Kindergärten und Schulen (zum Glück) geschlossen. Deshalb hat heute unser Balu den Nikolaus zu den Glückspilz-Kindern im Schloss getragen. Die Glückspilze sind eine Naturkindergarten-Gruppe. Meine Tochter Marie ist dort Erzieherin, und jeden Freitag kommen die Glückspilze zum Spielen auf unseren Hof. Und heute haben die Glückspilze Besuch vom Nikolaus bekommen; auf Balu. Balu war nicht mehr Balu, sondern Rudolf. Ihr kennt ja das Rentier mit der roten Nase. Balu hatte auch eine rote Nase (-; Ich verrate euch etwas: Der Nikolaus konnte gar nicht reiten. Er hat noch nie eine Reitstunde gehabt. Aber Rudolf-Balu hat ihn ganz brav zum Schloss getragen.

Ein Kind hat mich gefragt: „Warum darf Jack nicht Rudolf sein? Der ist doch viel schicker.“ Nun, ich finde, das ist Geschmackssache. Klar, Jack ist ein schickes Pony, aber ich finde Balu auch total hübsch. So ist es halt: Die Geschmäcker sind verschieden. Und jeder hat sein persönliches Lieblingspony. Einer mag besonders Kasper, ein anderer Balu, und manche können sich gar nicht entscheiden. Es sind ja auch alle Ponys toll!

Aber warum hat Balu den Nikolaus getragen? Weil er die besten Nerven hat! Balu wird nicht nervös, wenn ein LKW an ihm vorbei brettert. Er wird auch nicht nervös, wenn eine ganze Kindergartengruppe durcheinander“schnattert“. Balu bleibt gelassen und ruhig. Jack hingegen wäre mit Sicherheit nervös geworden und hätte rumgehampelt. Er hätte am Schloss nicht still stehen und ruhig warten können, bis alle Kinder ihren Stutenkerl bekommen haben. Und dieses Rumgehampel hätte bestimmt den Nikolaus, der sich ja mit Pferden nicht so auskennt, nervös gemacht. Und das wiederum hätte Jack noch nervöser gemacht. Ja, und das wäre dann überhaupt nicht spaßig gewesen. Das wäre für den Nikolaus und Jack einfach nur stressig gewesen.  

Deshalb habe ich für diesen „Job“ Balu ausgewählt. Wenn ich aber zum Beispiel ein Pony aussuchen soll, auf dem ihr Leichttraben an der Longe lernen sollt, dann nehme ich nicht Balu. Balu mag es gar nicht so gerne, an der Longe zu laufen. Daran hat zum Beispiel  Kasper mehr Freude. Oder wenn ihr auf einem Pony als Handpferd im Gelände galoppieren dürft, dann suche ich Amigo dafür aus. Denn Amigo liebt diese Aufgabe. Reiten wir hingegen zur Eisdiele, dann ist Balu wieder das richtige Pferd. Ihr seht: Jedes Pferd hat seine besonderen Talente; so wie wir Menschen auch. Ein Mensch kann besonders schön singen, der andere trifft beim Singen selten einen richtigen Ton. Du kannst vielleicht besonders gut rechnen, magst aber nicht gerne Geschichten schreiben. Bei mir ist es genau andersherum: Ich liebe Geschichtenschreiben und in Mathe bin ich nicht so gut. So hat jeder von uns ein oder auch mehrere besondere Talente. Wichtig ist es, seine Talente zu kennen. Es wäre doch dumm von mir, wenn ich aus Balu ein Dressurpferd machen wollte und auf Jack immer den Nikolaus reiten ließe. Dann wären doch alle nur unzufrieden: Jack und Balu, weil sie keine Freude an ihrem „Job“ hätten, sondern nur Stress. Und ich wäre auch unzufrieden, weil ich denken würde, meine Ponys wären blöd. Wenn du also merkst, du kannst nicht so besonders schön singen, dann bist du nicht blöd! Dann ist Singen einfach nicht deine Stärke. Du kannst vielleicht besser basteln und konstruieren. Natürlich sollte jeder Mensch lesen, schreiben und rechnen können. Balu muss ja auch manchmal an der Longe gehen, auch wenn er das nicht so gerne macht. Aber er muss es nicht jeden Tag stundenlang machen. Auch wenn du nicht besonders schön singen kannst, so spricht doch nichts gegen ein lautes Liedchen unter der Dusche oder am Lagerfeuer. Das macht nämlich Spaß. Du musst dich ja nicht bei den Wiener Sängerknaben bewerben wollen. Wenn du nicht gerne Geschichten schreibst, dann solltest du halt nicht Schriftsteller oder Journalist werden wollen. Du kannst besser bauen: Dann wirst du vielleicht ein toller Architekt. Klar muss man auch an seinen Schwächen arbeiten. Ganz ohne Mathe kommt man im Leben nicht klar. Wir üben ja auch mit Jack. Er soll auch entspannt durch´s  Dorf laufen können und sich nicht vor jedem Trecker, Motorrad oder vor jeder Plakatwand erschrecken. Das üben wir mit ihm gerade. Und Balu wird natürlich auch Dressur geritten. Das brauchen Pferde, um gesund zu bleiben; auch so Ponys wie Balu. Aber bitte: Macht etwas aus euren Talenten! Doktert nicht nur an euren Schwächen herum. Und lasst euch nicht einreden, dass ein Talent mehr wert ist als ein anderes! Warum sollte es mehr wert sein, schnell rennen zu können als schöne Bilder malen zu können? Warum sollte es besser sein, um Trab die Beine besonders elegant zu bewegen als den Nikolaus zu tragen? Quatsch! Jedes Talent ist wertvoll und wichtig! Es wäre ja schrecklich, wenn alle Menschen das Gleiche gut könnten! Eine Welt voller Mathegenies oder voller kleiner Mozarts wäre ja langweilig. Es ist schon gut, dass wir so verschieden sind. Sucht euch später einen Beruf, in dem ihr das macht, was ihr könnt und liebt. Wenn ihr in „eurem Element seit“ (Das sagt man, wenn man genau das macht, wofür ihr Leidenschaft empfindet), dann macht ihre eure Arbeit gut und so macht euch die Arbeit auch Spaß! So wie Balu gerne „Rudolf“ ist und Jack gerne ein Dressurpony.

Wir haben ein neues Hasengehege! DANKE an Familie Stüer und die Glückspilze, die es konstruiert und gebaut haben. Jetzt haben die Kaninchen ganz viel Platz, dürfen alle gemeinsam hoppeln und können nicht mehr ausbrechen. Unsere Trulla war nämlich plötzlich verschwunden, und sie ist auch nicht wieder aufgetaucht. Darüber sind wir alle sehr traurig. So habe ich beschlossen, das neue Gehege wird SOFORT in Angriff genommen. Und dank der tatkräftigen Unterstützung von Familie Stüer und den Glückspilzen haben wir jetzt ein KKP, ein Kinder-Kaninchen-Paradies. Kommt vorbei und guckt es euch an. Zu Hasi 1, Hasi 2 und Cookie ist Ella gezogen. Ella ist ein pechschwarzes großes Kaninchen. Ella ist zwar groß, aber total lieb zu unseren Zwergwiddern. Sie hat sich gut in die Kaninchenfamilie eingefügt. Ab und zu gibt es zwar noch ein kleines Kämpfchen, aber im Großen und Ganzen kommen sie schon miteinander klar.  

Manchmal hören wir jetzt, dass uns ein schlimmes, schweres Weihnachtsfest erwartet. Ich finde das Quatsch! Weihnachten wird wahrscheinlich anders und vielleicht können nicht alle Verwandten zu Besuch kommen, aber: Wir werden etwas Leckeres essen. Wir werden es warm und gemütlich haben. Wir schenken und wir erden beschenkt. Wir hören Musik, spielen gemeinsam, schauen uns Filme an, gehen spazieren … Wirklich schwere Zeiten sind anders! Es ist also völlig okay, wenn wir uns weiter auf Weihnachten freuen. Und vielleicht hilft uns ja auch der Gedanke, dass das erste Weihnachten in einem Stall und nicht in einer Villa wurde.  

Für die etwas Älteren hänge ich noch eine meiner Lieblingsgeschichten an. Sie ist von Eckhart v. Hirschhausen. Eckhart v. Hirschhausen gehört zu den Menschen, die mir als Vorbild dienen. Viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße, genießt die Adventszeit und bis nächste Woche: Petra und alle Forsthöfler

Diese Geschichte ist mir tatsächlich passiert. Ich war als Moderator auf einem Kreuzfahrtschiff engagiert. Da denkt jeder: „Mensch toll! Luxus!” Das dachte ich auch. Bis ich auf dem Schiff war. Was das Publikum angeht, war ich auf dem falschen Dampfer. Die Gäste an Bord hatten sicher einen Sinn für Humor, ich hab ihn nur in den zwei Wochen nicht gefunden. Und noch schlimmer: Seekrankheit hat keinen Respekt vor der Approbation. Kurzum: ich war auf der Kreuzfahrt kreuzunglücklich.

Endlich! Nach drei Tagen auf See, fester Boden. „Das ist wahrer Luxus!” Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du auch Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: hat Gott bei dir die Knie vergessen?” Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion.

Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet über 2500 km weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte: „Fehlkonstruktion!”
Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt. Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt.  

Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist, wie die anderen sei getrost: Andere gibt es schon genug! Immer wieder werde ich gefragt, warum ich das Krankenhaus gegen die Bühne getauscht habe. Meine Stärke und meine Macke ist die Kreativität. Das heißt, nicht alles nach Plan zu machen, zu improvisieren, Dinge immer wieder unerwartet neu zusammen zu fügen. Das ist im Krankenhaus ungünstig. Und ich liebe es, frei zu formulieren, zu dichten, mit Sprache zu spielen. Das ist bei Arztbriefen und Rezepten auch ungünstig. Auf der Bühne nutze ich viel mehr von dem was ich bin, weiß, kann und zu geben habe. Ich habe mehr Spaß, und andere haben mit mir mehr Spaß. Live bin ich in meinem Element, in Flow!  

Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern: Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und Schwimm!
Und du wirst wissen, wie es ist, in Deinem Element zu sein.